Niemand sollte Gewalt dulden. Pflegebedürftige Menschen haben das Recht, vor Gewalt geschützt zu werden. Und professionell Pflegende haben die Pflicht, Gefahren für Leib, Leben und Freiheit von pflegebedürftigen Menschen abzuwenden (Garantenpflicht).
Hier finden Sie einige Tipps, was Sie tun können, wenn Sie unangemessenes Verhalten oder gar Gewalt beobachten.
Bei akuter Gefahr schützen
Wenn akute Gefahr besteht, sollten Sie schnell eingreifen:
- Schützen Sie die pflegebedürftige Person. Bringen Sie sich dabei aber nicht selbst in Gefahr.
- Wenn möglich holen Sie Hilfe – im Notfall die Polizei. Über die Notrufnummer 110 erreichen Sie die Polizei rund um die Uhr, über die 112 den Rettungsdienst.
- Holen Sie ärztliche Hilfe, wenn Sie körperliche Verletzungen feststellen.
Beobachtungen ansprechen
Es fällt vielleicht schwer, einen Verdacht zu äußern und jemanden eventuell grundlos zu beschuldigen. Besonders wenn die Gewalt nicht direkt erkennbar ist. Aber: Reden hilft!
Sprechen Sie die pflegebedürftige Person nach Möglichkeit auf Ihre Beobachtungen an – am besten allein:
- Klären Sie, wie sie die Situation erlebt hat.
- Bieten Sie Hilfe und Schutz an.
- Falls eine rechtliche Betreuung besteht, informieren Sie die betreuende Person, die Betreuungsbehörde oder das Betreuungsgericht.
Sprechen Sie auch die Person, an die sich problematisch verhalten hat. Tun Sie das wenn möglich unter vier Augen. Warten Sie auf einen möglichst ruhigen Moment:
- Schildern Sie sachlich Ihre Beobachtungen.
- Vermeiden Sie Warum-Fragen. Hören Sie zu und urteilen sie dabei nicht.
- Machen Sie deutlich, dass Sie das Verhalten nicht zulassen und der Schutz der pflegebedürftigen Person im Mittelpunkt steht.
- Besprechen Sie, was getan werden kann, zum Beispiel: für Entlastung sorgen oder professionelle Beratung in Anspruch nehmen. Pflegende Angehörige können zudem Unterstützungs-Angebote aus der Pflegeversicherung nutzen.
- Weisen Sie auch auf die Krisentelefone hin, die im akuten Notfall zur Verfügung stehen.
Beobachtungen melden
Einrichtungen und Dienste sind verpflichtet, die von ihnen versorgten Menschen zu schützen. Daher sollten Sie Ihre Beobachtungen melden. Professionell Pflegende haben sogar die Pflicht dazu. Machen Sie sich am besten Notizen: Was haben Sie wahrgenommen? Wann? Wo?
Dauern die Probleme an, können Sie – auch anonym – eine der folgenden Stellen informieren:
- Pflegekasse oder private Pflegeversicherung der pflegebedürftigen Person
- Heimaufsicht
- Medizinischer Dienst (MD) oder Prüfdienst des Verbands der Privaten Krankenversicherung (PKV-Prüfdienst)
- kommunale Beschwerdestellen (nicht an allen Orten).
Wenden Sie sich an die Polizei, wenn Sie beobachtet haben, dass jemand körperlich verletzt wurde. Das gilt auch, wenn die Person bedroht, erpresst oder massiv vernachlässigt wird. Die Polizei erreichen Sie rund um die Uhr über die Notrufnummer 110, den Rettungsdienst über die 112.
Professionell Pflegende müssen dabei zwischen ihrer Garantenpflicht und ihrer Schweigepflicht abwägen. Die Hochschule Fulda stellt dafür Handlungs-Empfehlungen zur Verfügung. Das Wichtigste ist in einer Pocketversion zusammengefasst.
Speziell für Angehörige
Alles dokumentieren
Alle Vorfälle sollten nachvollziehbar und umfassend dokumentiert werden. Für professionell Pflegende gibt es dafür spezielle Vorlagen, zum Beispiel bei der Online-Hilfe „Befund: Gewalt“.
Holen Sie ärztliche Hilfe, wenn Sie körperliche Verletzungen feststellen.
DGRM-Webseite: Rechtsmedizinische Untersuchungsstellen
Speziell für professionell Pflegende
Prozesse in Einrichtungen und Diensten verbessern
Als professionell Pflegende können Sie sich dafür einsetzen, dass in Ihrer Einrichtung oder Ihrem Dienst Fortbildungen angeboten werden. Auch ein verbindlicher Leitfaden zum Umgang mit Aggression und Gewalt kann hilfreich sein.
Um professionell Pflegende im Umgang mit Misshandlung und Vernachlässigung älterer Menschen in der häuslichen Pflege zu schulen, gibt es Materialien des Aktionsprogramms Sicher leben im Alter (SiliA).
AKTUALISIERT
am 12. November 2019
AUTOREN
D. Sulmann, D. Väthjunker